Wednesday, June 28, 2006

Scritti in Lingua Tedesca

mmuibtSCRITTI IN LINGUA TEDESCA
Texte in deutscher Sprache


T U T T L I N G E N


Wenige Brücken über der Donau,
damit der Herrgott sie schnell
zählen konnte.

Häuser mit spitzem Dach
und zublinzelnde Gardinen hinter
den Fenstern.

Stockenten, Wasserrallen, Birken,
Tannen und sogar Vögel genannt
Raben.

Schöne, fleissige Hände,
die das harte Metall zwingen,

Retter der Kranken zu werden,
ohne den Namen des Meisters
zu verraten!


(WIR, Hausinformation der AESCULAP AG, 7200 Tuttlingen, Augabe 43, Juli 1990, S. 20).



DIE ROLLE DES PFANDLEIHHAUSES IN PADUA

Auf den Palast des Haupmannes in Padua wurde zwischen 1423 und 1437 eine monumentale Uhr mit allen astronomischen Hinweisen, den Tagen, den Stunden und dem Uhrschlag gestellt.- „Die Geschichte der Uhr – bemerkte Carlo Cipolla – ist die Geschichte der ersten Präzisionsmaschine…eine Kombination von Stadtuhr, Nützlichkeitsphilosophie und Interesse für die mechanischen Werke förderten ihre Verbreitung… die zunehmende Anfrage nach Uhren regte zu ihrer Zeit die technologische Entwicklung an, und am Ende des 13. Jahrhunderts stellte man Uhren her, die die vollen Stunden und Viertelstunden schlugen“.
Die Uhr wurde also erfunden, um die Zeit zu messen, aber bald regelte sie mit Genauigkeit die Arbeits- und Versammlungszeiten der in den nahen Palästen wirkenden Einrichtungen.
Die vor der Uhr betonten Stunden rufen auch die vom Zinsfuss betonte Zeit ins Gedächtnis zurück. Ein Markt lebt nur, wenn es Geldflüssigkeit gibt, und wenn die Liquidität fehlt, muss man sie durch Garantien und angemessene Belohnung schaffen. In solchen Geschäften unterschieden sich nach dem 13. Jahrhundert in Padua die Juden, die am Ende des 17. Jahrhunderts noch immer 500 waren. Trotz des strengen kanonischen Wucherverbots wendeten sich Privatpersonen, öffentliche Einrichtungen und die Kirche selbst an die Wucherer. Wegen der Missstimmung des Volks gegen die Wucherer und der humanistischen und wirtschaftlichen Gedankenänderungen des 14. Jahrhunderts plante die Kirchliche Rangordnung, die Befreiung der Masse von der wirtschaftlichen Unterdrückung zu verwirklichen.
Es entstand somit der „Monte di pietà“, d.h. das Pfandleihhaus. Die Institution richtete sich nach dem scholastischen Grundsatz vom „bonum commune“ und wurde von den Franziskanern gegründet, die aus Tradition die Volksleiden verstanden und die Missstimmung der Armen in eine organisierte Einrichtung leiten konnten.
Das Pfandleihhaus befand sich in Padua in der Nähe der Hauptplätze, wo die Behörde ihre Kontrolle ausübten konnte, genau im alten Gebäude zwischen „Via del Monte“ und dem Domplatz, nicht weit von der schützenden Bischofsresidenz. Das Pfandleihhaus bereitete dem Stadtvogt mehrere Sorgen. Man liest in den Berichten, dass die Einrichtung im Jahre 1491 gegründet wurde und dass es Kapitalangriffe, Verwaltungsunregelmässigkeiten und Unterschlagungen gegeben hat. Die Jahre 1566 und 1735 sind die schlechtesten gewesen, da die Kasse bzw. Nur 300 und 80.000 Lire enthielt. Die wohltätige Institution erfüllte (unter der Aufsicht der Statthalter) sonst immer gut ihre ursprünglichen Zwecke und Tätigkeiten.
Die Schalter des Pfandleihhauses von Padua übten ab dem 16. Jahrhundert das Amt von eigentlichen und einzigen Bankschaltern für die Märkte und das Volk aus. Der Stadtvogt Bernardo Novagero schrieb im Jahre 1549: „Das Pfandleihhaus, Grundlage und Ausschmückung der Stadt, entstand wegen der Ermahnungen des Seligen Berbardinus von Feltre unter dem anregenden Schutz des sehr vortrefflichen Bischofs Barozi…., es entwickelte sich nach dem Jahre 1535, so dass es über 30.000 Dukaten vom eigenen Geld und ebensoviel von den Anlagen besass. Dieses Geld diente vielen Leuten, und jedes Jahr schlossen die Bankherren über 60.000 Geschäfte ab, was für die Stadt und die ländliche Umgebung eine unendliche Wohltat bedeutete….“
Die wichtige Rolle des Pfandleihhaus in Padua wurde auch vom Vizestadtvogt Andrea Capello und vom Stadtvogt Giovanni Benedetto Giovanelli betont. Der erste schrieb am Ende des 17. Jahrhunderts: „Die Geldanlage im Pfandleihhaus entspricht einer Summe von 1.200.000 Lire, obwohl das Eigenkapital 800.000 Lire nicht erreicht“.- Der zweite berichtete im Jahre 1775: „Der Betrieb dieses heiligen Pfandleihhauses arbeitet mit gewöhnlichen Verfahren. Es wird von ehrlichen Vorsitzenden und von erfahrenen Verwaltern betreut. Es laufen über 3.500.000 Lire um….“-
Es ist übrigens bekannt, dass der gesunde Betrieb vom Pfandleihhaus auch die Grundlage der modernen Sparkasse von Padua gewesen ist.
Der Erfolg des Pfandleihhauses bedeutete für Padua eine Verminderung des Wuchers, und die früheren Ausleiher mussten ihren Beruf wechseln. Die Jüdische Gemeinschaft in Padua stellte im Jahre 1772 über 100.000 Seidenstücke her und stellte nicht weniger als 5.000 Arbeiter an.

BIBLIOGRAPHIE

La struttura classica del „pignus“, in „Studi in onore di F. Cammeo” (Die klassische Struktur vom “pignus”, in “Studien zu Ehren von F. Cammeo“), Padua 1933, II°, S. 3.
Natura giuridica del pegno di credito (Juristische Natur des Kreditpfands), Mailand 1928.
La tradizione del titolo nel pegno dei crediti (Die Tradition der Unterlage im Kreditpfand), Città di Castello 1893.
A. Saperi, Per la storia delle banche in Italia fino al 1815 (Zur Geschichte der Banken in Italien bis 1815) in: History of the principal public Banks, Den Haag 1934, S. 373 ff.
L. Degani, I momti di Pietà (Die Pfandleihhäuser), Turin 1922.
Fulvio Reiter, Piazze e mercati (Plätze und Märkte), Grafiche LEMA, Maniaco (Pordenone) – September 1982 – S. 108-110.

(Forschungen zur Rechtsarchäologie und Rechtlichen Volkskunde. Herausgegeben von Louis Carlen (Universität Freiburg) . Band 7. Schulthess Polygraphischer Verlag AG Zürich 1985.)


Auf der Suche nach der verlorenen Weiblichkeit in Friaul

Alte friaulische Frauenbilder sind sowohl vorzügliche Zeugnisse der Volkskunst und wertvolle Belege der kulturellen Identität als auch sichere Spuren, um eine Vergangenheit wieder aufzusuchen, in der jede Stufe der Existenz von genauen Ritualen betont und in einer authentisch sakralen Gemeinschaftsdimension aufgenommen war: harte Blicke und Gesichter, die das anständige und würdige Wesen des friaulischen Volks zeigen. In diesen Bildern gibt es fast immer eine ikonographische Eigenschaft, die interessante Gesellschaftsbestimmungen erwähnt: die Schlüssel.
Die Frau spielte eine bedeutende Rolle in der friaulischen Gesellschaft und hatte in der Hausordnung die Vollmacht. Die männliche Auswanderung verstärkte diese Lage, und die weibliche Verantwortlichkeit wurde auch in der Verwaltung der Gemeinden ausschlaggebend (1). Nach einem Bericht vom 8. Juni 1719 gab es im Dorf Gorto 164 Familien, deren 93 von Frauen vertreten waren. Auch in anderen entscheidenden Augenblicken des existentialen Verlaufs wurde der Frau grösste Bedeutung zugeschrieben. Nach jeder Entbindung händigte eine Frau dem Mann der Wöchnerin den Mutterkuchen aus, damit er ihn vergraben sollte, um der Mutter Erde ihr eigentlichstes Sinnbild zurück zu geben (2).
Eine Frau sollte ausserdem die Wöchnerin in die Kirche für die rituelle Purifikation oder besser für den „rituellen Spaziergang durch das Gebiet“, wie Van Gennep kritisch ausgelegt hat (3), begleiten. Dieses Ereignis entsprach einem besonders schwierigen Augenblick, so dass die Anwesenheit einer Vermittlerin notwendig war, um die negativen Einwirkungen zu neutralisieren und die Wiederherstellung der Wöchnerin in die Gesellschaft nach der Entbindung und der Quarantäne zu erleichtern.
Es ist bedeutungsvoll, dass die Rolle des Vermittlers zwischen einem Negativen und einem Positiven gerade von einer Frau gespielt wurde, die oft in der sinnbildlichen Überlieferung dem Mond, dem Vermittler schlechthin zwischen Sonne und Erde, Leben und Tod, Licht und Finsternis, Wachen und Schlaf, verglichen wurde (4).
In der Verbindung der Frau mit der lunaren Symbolik entfaltet sich die typische Art Art des weiblichen Bewusstseins, das „weniger klar als das männliche Gewissen ist, aber fähig, in einem weiteren Bereich die Sachen zu verstehen, die noch schattig sind. Die Sehergabe und das intuitive Erkennen der Frau sind immer eingestanden worden. Ihr nicht auf einen Brennpunkt gerichtetes Augenblick gibt ihr die Erkenntnis der unverständlichen Sachen und die Macht, mit schärferen Augen zu sehen, was verborgen ist“ (5). Immer auf der Spur dieser symbolischen Bedeutsamkeiten ist es möglich, die Segnung des Brautpaars zu verstehen (6).In dieser zarten sakralen Geste ist die Einweihung zu erkennen, da Worte bei dieser Gelegenheit ausgesprochen worden waren, die das Leben in seiner Fülle und Gesamtheit als die Begegnung und die Vereinigung der Gegenteile bezeichnete (7).
Auf der Grundlage dieser Voraussetzungen ist die Tradition zu verstehen, wonach die Schwiegermutter nach der Hochzeitsfeier auf die Schwiegertochter an der Türschwelle gewartet und ihr ein Glas Weisswein und ein Glas Rotwein bzw. Sinnbilder der Sorgen und der Freude angeboten hatte. Die junge Frau trank einen Schluck von einem und vom anderen Glas und durfte somit in ihr neues Haus eintreten (8).
In anderen friaulischen Ortschaften gab es, ausser dem Angebot vom Wein, auch die Übergabe vom Besen und vom Suppenlöffel, d.h. von den traditionellen Sinnbildern des Rechts auf Eigentum und des Zwangs zur Arbeit.
In Aviano und Cordovado (Provinz Pordenone) bot die Schwiegermutter der Schwiegertochter einen Brotlaib an, der die vollständige Aufnahme der jungen Braut in die Familie darstellte (9).
In den karnischen Gebieten übergab die Schwiegermutter dagegen auch die Schlüssel, um zu beweisen, dass sie wohlgesinnt war, mit der Schwiegertochter die Hausmacht zu teilen. Die Schlüssel sollen aber auch einem Vorzeichen für die künftigen Mutterschaften entsprochen haben (10), da die Schwiegermutter am Ende der Hochzeitsfeier auch die Aufgabe hatte, das Ehepaar ins Schlafzimmer zu begleiten und das Licht auszublasen (11).
Diese Symbolik ist heute dem allgemeinen Bewusstsein selbstverständlich verlorengegangen, da jede Einzelheit durch die Zweckmässigkeit geprüft wird, aber der Wunsch bleibt, diese verlorene Gebärdensprache in der Gegenwart zu beugen.


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(1) G. Perusini,Priesterwahlen und Bestimmung der Frauen, in „Sot la nape“, SFF, 4 (1o), Oktober-Dezember 1958.
(2) A. Nicoloso Ciceri,Volksüberlieferungen in Friaul, Reana del Rojale, 1982, S. 130.
(3) A. Van Gennep, Les rites de passages, Paris 1909.
(4) M.G. Brioschi,La vecchia soccorrevole: un simbolo del processo di individuazione femminile (Die alte hilfsbereite Frau: ein Sinnbild des weiblichen Individuationsprozesses), Centro Italiano di Psicologia Analitica, Istituto Milanese, Mailand 1981, S. 25 ff.
(5) E. Jung, Animus e anima, New York, 1969, S. 25-26; S. Di Lorenzo, La donna e la sua ombra (Die Frau und ihr Schatten), Mailand 1980, S. 113.
(6) In der friaulischen Sprache: “La màri ‘evèn fûr cun t’une tàce di àghe sànte, par benedìju quan’che pàssin par là indevant“ (Die Mutter geht mit einem Glas Weihwasser aus, um das Brautpaar zu segnen, wenn es vorübergeht, um sich auf den Weg zu begeben).Lea D’Orlandi, Einige Ehesitten in Friaul, in „Ce fastu?“,SFF, 1-6 (36), Januar-Dezember 1960, S. 99.
(7) In der friaulischen Sprache: “Stàit atènz duc’ i dòi e vàit d’acòrdo; amàisi e volèisi bèn. Ce chel al è par un al à di sèi àncje par chel àltri. Atenziòn: amàisi e volèisi bèn“ (gebt gut acht, alle beide, und lebt in Liebe und Eintracht; liebt euch und habt euch gern. Das Schicksal des einen soll auch dal Schicksal des anderen sein. Gebt gut acht: liebt euch und habt euch gern). P. Cracina, Hochzeit in der Vergangenheit in Friaul, Reana del Rojale 1974, S. 143-144.
(8) In der friaulischen Sprache: „Un gotùt par bànde, làgrimis e ligrìe“ (Ein Schluck von beiden Seiten, Tränen und Fröhlichkeit). Lea D’Orlandi, a.a.O., S. 101.
(9) Lea D’Orlandi,a.a.O., S. 101.
(10) P. Cracina, a.a.O., S. 155.
(11) A. Nicoloso Ciceri, a.a.O., S. 221-222.


DIE SPRACHE IST DEM MENSCHEN EIGEN


„Die Spache ist in Wirklichkeit die Heimat“

(W. von Humbold)


Wie die Vorderglieder und die unteren Gliedmassen die Tätigkeiten der Arbeit und des Gehens erlauben, ermöglicht die Sprache die wichtigste Ausübung des menschlichen Ausdrucks. Es gibt auch andere Mitteilungsformen, wie z.B. die Strassenmarkierung, die Bekleidung und die Schminke, aber die Sprache ist die artikulierste, persölichste und wirksamste. Glieder und Sprache sind also keine Funktionen, sondern echte Organen der Person.

Die Abnahme eines Gliedes wird nicht mal von den totalitärsten Regimen praktisch angewendet. Ganz anders war es für die Zunge. Die Inkas schnitten den Besiegten die Zunge ab, um ihre Sprache vermutlich zu löschen. Die Inquisition machte dasselbe mit Jordan Bruno, damit seine Botschaft stumm wurde.

Man beobachtet oft bei den Kolonisationsverfahren eine tiefe Abneigung gegen die Muttersprache in den untergebenen Ländern. Man würde nach dem Erlöschen der Ortssprache und der Ortsnamen durch die kriechende Auferlegung der hinzukommenden Redeweisen streben.Das ist eine naturwidrige Tat.
Die Sprachverstümmelung kann nach einer gewissen Zeit sogar den nachgiebigen Kolonisierten und ihren Knechtschaftskomplexen überlassen werden.Derartige Bedingung entspricht einer Selbstverstümmelung, die sowohl von der Rechtswissenschaft als von der Literatur verurteilt wird: Man darf ein Pfund des eigenen Fleisches wirklich nicht ausschneiden (s. Shakespeare).Diese Gefahr liegt aber immer im Hinterhalt. Wenn man plötzlich vier Reiter im Galopp am Horizont bemerkt, ist es deshalb vernünftig zu überprüfen, ob sich die Apokalypse eventuell nähert.

In dieser Zeit versucht man, eine gesüsste Darstellung des Faschismus auftauchen zu lassen (La Repubblica, 23. April 2008, S. 1 und 41). Man möchte mit anderen Worten die Schuld des regimes mit den Rassendiskriminierung umgrenzen. Die Diktatur unterdrückte in Wirklichkeit auch die Wort- und Pressefreiheit. Sondergerichte wurden errichtet, um die Gegener einzusperren und sogar zu ermorden. Die Sprachen der Andersprachigen wurden gehässig verfolgt. Eine gewisse Denkweise trauert noch heute der Sprachunterdrückung nach. Es ist manchenheiseren und veralteten extremistischen Sirenen noch nicht gelungen, mit der Vergangenheit kulturell abzurechnen. Leider gibt es auch Einheimische, welche sich Bürger zweiter Klasse fühlen, wenn sie oft mit lächerlichen Ergebnissen die Sirenenverlockung nicht beachten. Diese wissen nicht, dass jede Sprache ein Teil des Menschen und der Umwelt ist: So hat der Schöpfer bestimmt.

Nach Adam aus Lilla ist die Sprache die treue hand des Geistes. Hinter der Zunge befinden sich nicht nur die mandeln, sondern auch die Stimmung, der Charakter, der psychologische Moment einer Gemeinschaft. Die Sprache ist eine Sache, die man überall mitnehmen kann. Es würde noch fehlen, dass man sie nicht im eigenen Land verwenden könnte!- Die Sprache besitzt die Wahrheit der landschaft, weil „Tod und Leben steht in der Zunge Gewalt“ (Sprüche, 18-21).
Die Muttersprache ist eine von Kind auf aufgesaugte Sprachausstattung und das Wort ist ein Behälter für einen Sinn und für eine Kultur die es rechtfertigen und die fats alle Ursprünge zusammenzählen. Dank der Weltanschaung kommt man zum Gedanken an. Deswegen ähnelt das Wort „danken“ dem Wort „denken“ in der deutschen Sprache. Wenn der Reichtum der Sprache „koffeinfrei“ wird, werden die Sprechenden unfähig zu denken und die eigenen Gedanken auszuarbeiten. In diesem bedauerlichen Fall werden die Leute tatsächlich Bürger zweiter Klasse. Emile Cioran hat behauptet:“Die eigene Sprache umtauschen, ist wie einen Liebesbrief mit einem Wörterbuch schreiben“. Auch ein Herdewechseln ist übrigens für ein Schaf keine vorteilhafte Lösung, sondern nur eine Öse ohne Nadel.

Die Macht fordert jedoch die Auferlegung der eigenen Sprache. Die Politiker und besonders die Paragraèhenreiter übersehen die Lehre von Hl. Stephan von Unganrn:“Unius Linguae uniusque moris regnum fragile est = Jedes Reich mit einer einzigen Sprache und mit einer einzigen Sitte ist schwach“ (Monita).
Die Macht weiss nicht, dass auch ihre staatliche überschätzte Sprache am Ende trügerisch ist, wenn es sich handelt, den geometrischen Punkt, den Abstand zwischen Vergangenheit und Zukunft oder den Begriff von Absolute, usw zu bestimmen. Jede Überlegenheitszumutung ist also unberechtigt.
Die Macht soll endlich verstehen: Wer eine andere Sprache spricht, ist kein rechtswidrige Mensch. Die Schirmherrin der Bürger, d.h. Hl. Geduld, wird helfen, damit ein Naturrecht aberkannt wird. Anderenfalls kann der Bürger den gebildetesten Behörden eine Kahnfahrt mit Charon stillschweigend raten.Füdie stumpfesten Aufdringlichen ist dagegen die einfachere aber unmittelbare Mahnung „Geh zum teufel“ im Geiste angemessen.Es würde wie ein geistiger Einlauf wirken.

D A S P A T O I S

“Wenn die verstorbenen Alten uns im Traum erscheinen würden,
würden sie Dialekt sprechen und viele unter uns könnten
sie nicht verstehen.“


Das Ackerland hat die Stadt aufgebaut und nicht unmgekehrt.- Die Stadtbewohner hielten jedoch kulturellen Abstand vom Grundkontext. Die Gegenüberstellung hat oft sogar die Umrisse der Verhöhnung und der Verachtung eingenommen. Das Wort „Patois“ wurde im 13. Jahrhundert von den Städtlern erfunden, um die seltsame Mundart der Bauern zu bezeichnen. Nach dem französischen Linguisten Dauzat kommt das Wort „Patois“ aus dem Französischen „pattes“, d.h. Füsse (Nouveau Dictionaire etymologique).

Der mittelalterliche Fluch gegen die Mundarten, d.h. gegen die traditionellen Sprachen der Bauern, ist heute nicht mehr dem Vergleich Stadt und ländliche Umgebung beschränkt. Er entfaltet sich im Kampf der Kolonisatoren gegen die Kolonisierten. Es ist also eine kulturelle Pflicht zu erwähnen, dass viele Sprachen einst nur „Patois“ waren: Italienisch und Französisch waren z.B. beziehungsweise die Dialekte von Florenz und Paris. Man soll also den verächtlichen Brauch ablehnen und behaupten, dass alle Menschen mit dem Mund und mit dem Herz sprechen. Niemand spricht mit den Füssen und die Mundart stellt eine Tiefe dar, welche die Pianisten in der Musik durch das Klavierpedal erreichen können. Die Mundart ist wie ein Traum: Sie besitzt etwas Fernliegendes und Enthüllendes.

Die Funktion der Sprache ist wesentlich für das Wiederaufleben eines Volks. Die kulturelle Erhebung bedeutet nämlich auch wirtschaftliche und soziale Entwicklung. Wer hat Interesse, dass seine Umwelt rückständig bleibt?

Wenn der Verfall einer Sprache auch sozialer Verfall bedeutet, wie J.L. Calvet in seinem Werk „Linguistik und Kolonialpolitik (S. 53)“ behauptet hat, ist es sicher, dass das soziale, politische und wirtschaftliche Wiederentstehen eines Volks gerade durch die Wiedererlangung und durch die erneute Schätzung der eigenen Sprache erfolgt. Der Verzicht lohnt sich nicht.

Die korrekte Anwendung der eigenen Sprache bedeutet jedoch auf keinen Fall Ausstopfung. Der Mensch ernährt sich von Fleisch und Pflanzen. Er lehnt die neuen Zellen nicht ab, weil diese von anderen Wesen herrühren. Sowieso gilt das auch für die Menschen, die sich als Ziel das Überleben der eigenen Sprache im eigenen Land setzen. Der menschliche Körper verwandelt die fremden Zellen in eigene Gewebe. Der sprachliche Stoffwechsel kann jeden Gedanken und jede Gemeinschaft verstärken. Modernität heisst nicht Erschaffung,
Man kann behaupten, dass sich ein Volk nie von einem Kolonialjoch befreien wird, indem es auf die eigene Sprache verzichtet, um die Sprache des Kolonisators einzunehmen. Die Verteidigung und die Sauerstoffanreicherung der Volkssprache bedeuten im Gegenteil sowohl einen Kampf um die kulturelle Identität als einen Anspruch, gegenüber der Alleinsprache Widerstand zu leisten, weil die Mundsprache die uralte Sprache der Märchen ist, welche das Gefühl der Dinge ausdrückt.
Die Verzichtenden hoffen naiverweise, eine andere, berühmtere Person zu werden, wenn sie die Amtssprache ständig aufnehmen. In der Tat werden sie nie eine neue Identität einnehmen. Sie können höchstens einen Druck auf ihrer früheren Natur erleben: Sie werden niemand mehr sein!
Die berühmte Heilige Treppe in Rom lehrt, dass es wohl möglich ist, die Stufen auf den Knien besteigen. Die Schwierigkeiten treten auf, wenn man auf den Knien herunterkommen soll.

SPRACHE UND ORTSNAMEN

Die Sprache nahm in Eden ihren Anfang:„Gott der Herr formte aus dem Ackerboden alle Tiere des Feldes und alle Vögel des Himmels und führte sie dem Menschen zu, um zu sehen, wie er sie benennen würde. Und wie der Mensch jedes lebendige Wesen benannte, so sollte es heissen“ (Mose, 2,19).Die Geschöpfe und die Umwelt beim Namen zu nennen ist also eine von Gott gegebene Aufgabe und es ist nicht klug sie zu entstellen., wenn man die Strafe von Babel vermeiden will.
Der ursprüngliche Ortsname ist die Seele der jeweiligen Landschaft. Ein veränderter Ortsname ist, als würde man einen Liebesbrief mit dem Wörterbuch lesen.
Die Ortsnamen sind das Blut der Sprache. Mancher Ausdruck hat schlechtes Blut in den Adern. Das führt unweigerlich zum Zusammenbruch des „Wort-Kreislaufs“ , zum „Silben-Fieber“ und zur „Buchstaben-Geschwulst“ und schlieβlich zum Tod der Sprache.
Durch die Weltanschaung, die ein Geschenk ist, gelangt man beim Gedanken an. Deswegen ähneln sich die Verben „danken“ und „denken“ in der deutschen Sprache so sehr. Die Umgangssprache hat nicht nur eine einfache Funktion, sondern ist ein lebendes Organ, ein Körperteil. Im Jahre 1682 hat Peter der Grosse versucht, das Französische als Staatssprache in Russland einzuführen. Das war ein Irrtum, eine Pleite, entstanden aus gewissenloser Unkenntnis. Der Zar hätte doch die „Monita“ des Hl. Stephan von Ungarn kennen sollen:“Unius linguae uniusque moris regnum fragile est = Ein Königsreich mit einer einzigen Sprache und mit mit einer einzigen Sitte ist zerbrechlich“.

Die Ortsnamen teilen nicht nur mit, sie bringen immer auch etwas in Erinnerung. Sie ermöglichen, die Welt von einem anderen Gesichtspunkt aus zu betrachten. Wer nur die kapitolinischen Gänse kennt und wer die Völkerwanderungen des frühen Mittelalters lediglich als „barbarische Einfälle“ interpretiert, der kann die Welt und die Zeitgeist nicht verstehen.

Die Kolonialpolitiker verachten die einheimischen Ortsnamen als „versteinerte Wörter“ und die Ursprache der Kolonialgebiete im Allgemeinen. Sie wissen, dass es sich nicht um ein von einer Sprache vereintes Land handelt, sondern um eine Pflichtsprache, die dazu dient, einen Staat zu rechtfertigen. Zu diesem Zweck sind manche Behörde in ihrem Überlegenheitswahn sogar immer wieder zum Verstoβ gegen die eigenen Gesetze bereit. Leider beteiligen sich daran viele Kolonisierten in verschiedenen Ländern. Sie nehmen eine andere Sprache an, indem sie glauben, die Krankheit mit einem Gift heilen zu können. Doch dieser Ablauf ist nicht irreversibel, wie es Algerien, Istrien, Lettland usw. beweisen.
Die feindselige Neigung gegen die Ursprache und die alten Ortsnamen verschwindet selbst dann nicht, wenn die veränderten Umstände zum Umdenken zwingen. Sie besteht fort, wie viele ärgerliche Einträge im Gästebuch des Museums in Kobarid/Karfreit (Slowenien), und so manches Mienenspiel der Gesichter in den Ämtern verraten. Jeder alte Ortsname entspricht nämlich dem Bewusstsein, dem Gedächtnis oder besser gesagt dem Auftauchen von etwas, das seit immer in unserer Innerlichkeit und in jenen absoluten Richtigkeiten existiert, und uns erlaubt, vollständige Menschen zu sein. Die Übersetzung eines Ortsnamen trachtet dagegen nach der Zerstörung der Erinnerung, die vom sozialen Konformismus schon bezweckt wird.
Um die Bedeutung der Ortssprache und der mündlichen Überlieferung abzuwerten, behaupten die Neunmalklugen, dass man im kolonisierten Land keine Sprache, sondern nur einen Dialekt spricht. Diese unqualifizierten Linguisten sollten doch wissen, dass nur 6% der italienischen Bevölkerung im Jahre 1860 ausserhalb der Toskana Italienisch konnte, wie Tullio De Mauro bezeugt. Die italienische Sprache war der Dialekt von Florenz wie die französische Sprache die Mundart von Paris war. Man könnte hinzufügen, dass Italien König Viktor Emanuel II. in Teano auf Französisch und nicht auf Italienisch "ausgehändigt" wurde. Wem das noch nicht genug ist, dem könnte man noch die Worte von Martin Walser in Erinnerung bringen, dass der Dialekt der Körper der Sprache, während die Schriftsprache nur der Anzug ist.
Der Dialekt reichert die Sprache mit Sauerstoff an. Er ist wie ein Traum: etwas weit Zurückliegendes und Enthüllendes. Wenn uns die alten Toten im Traum erscheinen würden, würden sie sich im Dialekt an uns wenden und es wäre eine Schande, wenn wir sie nicht verstehen könnten.
(Zeitschrift "Mitteleuropa", Juli 2009)

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